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Vorwort

Zur Geschichte der "Querbahn"

Eine kurze Querverbindung zwischen Borna und Großbothen im Herzen Sachsens gab der Querbahn ihren Namen. - Eigentlich keine besondere Strecke und dennoch eine mit ungewöhnlicher Geschichte. Diese währte fast auf den Tag genau 10 Jahre. Der Lokführer des Eröffnungszuges am 2. Oktober 1937 fuhr auch den "Abschiedszug" am 30. September 1947. Welche Bahnlinie hat ein ähnliches Kuriosum zu bieten?

Die Vorarbeiten zum Bahnbau und die Bauarbeiten selbst waren langwierig. Entstanden aus der Tatsache, dass alle bis dato errichteten Strecken nach Leipzig orientiert waren und auch dort endeten, sollte eine kurze Querverbindung insbesondere zum Abtransport der im Bornaer Revier geförderten Braunkohle nach Osten dienen.

Wie so oft, gab es zunächst Streitigkeiten über die Linienführung. Einige Orte kämpften um den Bahnanschluss, andere befürchteten, der Bahndamm würde ihre Grundstücke und die Braunkohlereviere zerschneiden.

Insgesamt 8 Entwürfe standen zur Disposition. Auch als der sächsische Landtag nach 4 Jahren Kampf den Bahnbau 1913 genehmigte, waren damit keine Entscheidungen gefällt, u.a. wollte Grimma den Endpunkt der Querbahn in seinem Bahnhof sehen.

Schließlich fiel die Wahl aufgrund der günstigeren Streckenführung auf Großbothen und erst 1920 konnte endlich der erste Spatenstich getätigt werden.

Die nennenswerteste Aktion beim Bahnbau war wohl die Untertunnelung der Strecke Borsdorf-Coswig bei laufendem Bahnbetrieb im Jahre 1928. Wie solide diese Unterquerung ausgeführt wurde, zeigt der heutige noch immer gute Erhaltungszustand dieses Bauwerkes, von dem sich der Leser auf der Seite Großbardau überzeugen kann.

Ob die Bauten unserer Zeit nach 75 Jahren auch noch so aussehen ?

Eröffnung der Strecke

Die Weltwirtschaftskrise lies den Bahnbau erneut ins Stocken geraten und erst 1933 wurde der Bau fortgesetzt. Am Sonnabend, dem 2. Oktober 1937 wurde endlich die Gesamtstrecke freigegeben, während es auf dem östlichen Abschnitt bereits seit 1936 Güterverkehr gab. Gegen 10 Uhr setzte sich der Sonderzug von zwei Lokomotiven der BR 64 gezogen in Bewegung.

Am Sonntag, dem 3.Oktober wurde mit Beginn des Winterfahrplanes der planmäßige Eisenbahnbetrieb aufgenommen. Der Fahrplan bot an den Endpunkten und in Bad Lausick sehr günstige Anschlüsse. Auf der Querbahn verkehrten täglich 5 Personenzugpaare und für den Berufsverkehr früh noch ein Zugpaar zwischen Borna und Bad Lausick. In der Regel bestanden die Züge aus drei 2- oder 3 achsigen Personen- und 1 Packwagen.

Nachkriegsjahre

Im 2. Weltkrieg blieb die Strecke weitgehend vor Beschädigungen bewahrt, jedoch stellte man in der Nacht vom 14. zum 15. April 1945 den Eisenbahnbetrieb auf der Querbahn ein, da die amerikanischen Truppen bereits den Westteil des Kreises Borna erreicht hatten. Anfang Juli erfolgte dann die Angliederung des Territoriums an die sowjetische Besatzungszone.

Der erste Nachkriegsfahrplan sah für den Personenverkehr auf der Querbahn 2 Zugpaare vor. Zur Versorgung des Kraftwerkes Hirschfelde bei Görlitz fuhren nach dem Krieg Kohlezüge aus dem Bornaer Revier über die Querbahn nach Hirschfelde. Es war auch nicht ungewöhnlich, dass diese Züge auf freier Strecke anhielten und sich Anwohner mit den an sich knappen Brennstoffen versorgten, zumal es dem Lokführer den nächsten Sonntagsbraten sicherte.

Das schnelle Ende als Reparationsleistung

Hatte es damals viele Jahre von den Planungen bis zur Eröffnung der Querbahn gedauert, so wurde der Beschluss über den Abbau der Strecke ganz kurzfristig geschlossen und auch umgesetzt.
Die Konferenz von Jalta gestattete den sowjetischen Besatzungsmächten, zur Beseitigung der erlittenen Kriegsschäden uneingeschränkt Industrie- und Bahnanlagen in der sowjetischen Besatzungszone als Reparation abzubauen und gen Osten abzutransportieren. Während im Westen Deutschlands Marshallplan und Wiederaufbau griffen, herrschte im Osten Demontage, ja zum Teil blinde Zerstörungswut vor. Wie sonst lässt sich erklären, dass Elektrolokomotiven in die Sowjetunion verbracht wurden, für die es dort keine Verwendung gab? Fahrleitungsmasten wurde streckenweise in Bauchhöhe ab-geschweißt, um sich nicht bücken zu müssen. Die zweigleisige Hauptlinie Borsdorf-Coswig verlor ihr zweites Gleis wie fast alle ostdeutschen Bahnlinien.

Als Reparationsleistung war auch vorgesehen, die Strecke Liebertwolkwitz-Geithain komplett zu demontieren. Es gab aber Beschwerden aus der Bevölkerung, besonders der starke Berufsverkehr nach Leipzig wurde angeführt, so dass Leipziger Betriebe den Abbau verhinderten. Obwohl in den letzten Septembertagen 1947 schon mit dem Abbau begonnen worden war, wurde kurzfristig am 29. September entschieden, nicht die Strecke Geithain-Liebertwolkwitz, sondern dafür die Querbahn Borna-Bad Lausick-Großbothen abzubauen.

Der Lokführer und sein Zugbegleiter, die 1937 den Eröffnungszug gefahren hatten, fuhren fast auf den Tag genau nach nur 10 Jahren, am 30. September 1947, auch den letzten Zug auf der Querbahn.

Ab dem 1. Oktober 6.00 Uhr wurde die Strecke stillgelegt. Der Abbau der Strecke begann dann sofort und verlief sehr schnell.

In den letzten Jahren der DDR rückte die Querbahn in das Interesse der Verkehrsplaner. Die Braunkohleförderung kam der Linie Geithain-Leipzig immer näher und so sollte eine Ersatzlinie Bad Lausick-Grimma errichtet werden. Spätestens mit der politischen Wende in Deutschland sind diese Pläne ad acta gelegt.

Dennoch sind die Relikte der ehemaligen Querbahn nicht gänzlich verschwunden. Ich lade Sie ein, mit mir auf den nächsten Seiten den Spuren der Querbahn von Großbothen nach Borna zu folgen.

Quelle: Peter Ader, Südraumarchiv Borna, gekürzt und bearbeitet durch Webmaster

Auf geht's nach Großbothen!